Mediacaching ist die Schatzsuche des 21. Jahrhunderts. Multimediale Schatzkarten führen Dich mit Videos, Audios, Bildern und sogar 3D-Modellen zu Verstecken draussen in der Natur und in der Stadt. Mit Hilfe Deines eigenen GPS-Handys kannst Du wertvolle Schätze heben, Objekte davon mitnehmen und austauschen.
Die Universität zu Köln bastelt derzeit an einer Plattform, die sich mediacaching nennt und die im Rahmen des EU-Forschungsprojekts "Citizen Media" (Eigendefinition: European research project to enable non-professional users to co-create networked applications and experiences with user-generated content) erstellt wird. Zwei Probeläufe gibt es auch in Wien! Also nichts wie eingeloggt und losgestartet, diesmal ohne den Platzhirschen gc.com.
Ja natürlich, drinnen ist doof. Das gilt insbesondere für die Zunft der Geocacher. Wir haben ja den Vorteil, beides miteinander verbinden zu müssen, das Drinnen und das Draußen sein. Wir wollen, ja wir müssen raus, um den Cache zu erlegen. Es soll zwar auch Theoriecacher geben, doch das sind seltsame Gestalten, obskur und verdächtig, mit wenig Chance auf Akzeptanz. Wir jedoch leben!
Zuerst das digitale Vergnügen vor dem flimmernden Bildschirm: Suchen und ordnen, up- und download, archivieren und posten. Dann die Feldarbeit, die eigentliche Domäne des ewig Suchenden. Wir schwärmen aus an Wochenenden, in den Ferien und während der Mittagspausen. Kraftstrotzende Naturmenschen mit scharfem Blick, sicherem Griff und digitaler Begabung: radelnd, kletternd, wandernd, tauchend, dem Körper das Letzte abverlangend auf der Suche nach dem besonderen Cache mit beeindruckender Fundstatistik. Helden der Postmoderne sind wir, unseren Urahnen, den Jägern und Sammlern verpflichtet, bewaffnet mit allem, was modernste Technik zu bieten vermag: GPSr, Mobile Phone und Digicam. Ein Männersport? Ja, definitiv. Begleitende Frauen führen höchstens Protokoll, schleppen Ersatzbatterien, Thermos wie Pausenbrote und halten die kinder in Schach. Geo-Sherpa go!
Wieder einmal geht es darum die Natur und das Ungewisse zu bezwingen: wie damals im 19. Jahrhundert als die weißen Flecken auf den Landkarten nach Entdeckung riefen. Wir führen unsere Logbücher, gewissenhaft und mit Präzision, wie Kapitäne und Expeditionsleiter: Found. Log. Time. In. Out. TFTC! Die Dose mit Geruchsmarke versehen und weiter zum nächsten Versteck. Mit dem Eintrag in das Logbuch sagen wir allen: wir waren hier nach all der Mühsal des Auf- und Abstiegs, in Regen und Schnee, Staub und Schlamm und die Gefahren mannhaft auf uns nehmend. Kolumbus, Pizarro, Alexander von Humbold und ja, natürlich der Gründervater Dave Ulmer (anno domini 2000). Oh, Magie des FTF! Was bleibt uns Nachgeborenen denn übrig, als die Welt nochmals zu entdecken, den Blick beschwörend auf die Koordinaten fixiert.
Zurück zur Natur und hinaus ins Freie, auf Teufel komm raus: Plastik in der Landschaft ausbringen und dann wieder einsammeln; Löcher in Baumstämme bohren als Vorbedingung der perfekten Camouflage; Munitionskisten halb vergraben und mit Baumstämmen bedecken; Baumschwämme abschlagen, aushöhlen und mit appetitlichem Mikro versehen an ihren Platz zurück hängen; Jungwälder zertrampeln auf der Suche nach Travelbug und Geocoin. Das Wild flüchtet und die Jäger sind erzürnt. CITO, ja, CITO nach jedem Mega Event: denn wir lieben die Natur.
Drinnen ist doof! Aber draußen ist auch doof, vielleicht sogar noch doofer als drinnen: Drive Inns, an denen die freien Parkplätze rar werden, weil langsame Cacher den ständigen Fluß der Entdeckung hemmen; mit Blei und Schwermetall verschmierte Hände, die an Leitplanken entlang in Hohräume fingern blinden Winkel fingern; der berühmte Griff in Vogel- und Hundesch...; ein tiefer Fall im Steinbruch; das Auftauchen von Polizei alarmiert von beunruhigten Bürgern; Kellerasseln und schliesslich: der gemeine Muggel.
Andrerseits: Abenteuer sind immer doof, sowohl drinnen wie draußen. Und Hobbies haben stets auch ihren lächerlichen Aspekt. Und wir sind, in den Augen so mancher, sinistre Sonderlinge mit perversem Geschmack und schlechten Manieren. Damit freilich können wir Cacher leben, sehr gut sogar.
Ich freue mich schon auf kommenden Samstag, wo ich am Kobenzl endlich jenen Fund zu machen hoffe, der mir beim letzten Mal versagt blieb. Es war nach Tagen intensivem Schneefalls. Nach stundenlangem Graben im meterhohen Schnee musste man mir im nahegelegenen Unfallkrankenhaus fast den rechten Zeigefinger amputieren. Mittelschwere Erfrierungen, konstatierte der Arzt, der mir beim Abschied leise zuzwinkerte.
Ich hatte mich als Cacher geoutet. Der dritte an diesem Wochenende, der medizinische Dienste in Anspruch nehmen musste. Es war ein kaltes, sehr kaltes Wochenende. Der Medizinmann flüsterte: Ob ich denn wisse, dass es beim Eingang des Krankenhauses auch einen feinen Mikro gäbe? Er wäre auch mit nur einer Hand zu schaffen. Ich war, das geb ich gerne zu, sehr müde. Geloggt hab ich ihn trotzdem: was denn sonst! Ich war doch ohnehin schon draußen. Und Stubenhocker bin ich beileibe nicht.