Welche guten alten Zeiten, werte dosenfischer?
Aurea prima sata est aetas, quae vindice nullo,
sponte sua, sine lege fidem rectumque colebat.
(Ovid, MetamorphosenI)
Die Aussage, dass früher die Goldenen Zeiten geherrscht hätten, ist cachecache schon in der Schule kräftig auf die Nerven gegangen. Wie sich da der Lateinlehrer in die Backen geblasen hatte und tat, als hätte es sie wirklich gegeben! Erst viel später wurde dem heranwachsenden Jüngling klar, dass man/frau stets dann mit diesem Gerede konfrontiert wird, wenn die Alten ihre Machtansprüche in Frage gestellt sahen, ihre Jugend bröckeln sahen, wenn sie andere kommen sahen, die es besser und respektloser machten, als sie es je gekonnt hatten. Und dann, schon erwachsen, wusste ich: von den Goldenen Zeiten sprechen immer nur die Konservativen, jene, die gerne das Bewahren, was sie immer schon getan haben. Jene fühlen auch immer dann die Welt gefährdet, wenn das Volk, beschimpft als breite Masse, genau das in Anspruch nimmt, was Vorrecht weniger zu sein hat.
Ja, das Geocachen ist schon nach zehn Jahren in die Jahre gekommen. Schnell ists gegangen, werte Bewahrer des Heiligen Grals! Allzu schnell. Ein Opfer des Erfolgs. Wie andere Freizeitvergnügen musste auch das Geocachen hinabsteigen in die Niederungen des Pöbels. Igitttt! Neben dem Feindbild des Muggels scheint sich ein neues Feindbild zu entfalten: das des Beginners, des Newbies, des Regelverletzers, des Unbedarften. Die schreckliche Erkenntnis und Kränkung, nicht mehr zu einem Geheimbund zu zählen, sondern eine/r von Vielen zu sein, verleitet oft zu jener Absetzbewegung, die wir heute ungern diskutieren.
Und die, die heute so laut schreien, vergessen, dass sie selbst einmal zu denen gehört haben, die sie nun so stolz verachten: zu den Anfängern und Lernenden, die Neues erfanden, auch wenn es sich nach Monaten als bescheuert herausstellte.
Fürwahr, die Welt ist schlecht geworden und allein, um sich noch immer zu beweisen, muss man hoch hinaus: auf die Bäume und von den Brücken, in die Höhlen und zu den Rätseln. Im Rucksack die Statistik, oft gefaked und aufgeblasen zu lächerlicher Größe. "Freud schau obe", stöhnt Otto Normalcacher. Meist macht man hier auch schlechte Figur. Wenn Abseiltechniken zu peinlichen und gefährlichen Leibesübungen verkommen, wenn Rätsel nur mehr Ratespiele sind, dann schlägt die Stunde der Wahrheit: die Zeit der selbstbewußten Narren ist gekommen. Es ist ein wenig wie mit Mode: im Mainstream sich besonders individuell zu fühlen tut soooo gut. Und selbst als Geck betont man seine Individualität.
Richtig übel konnte einem werden vor so viel Selbstmitleid, die einem aus den Kommentaren zum Schwanengesang der dosenfischerentgegenschlägt. Mein Gott, was müßt ihr alle leiden!!!! Die guten alten Zeiten. Pioniere, Abenteurer, Erfinder, Weltbeweger: und doch nur des Kaisers neue Kleider. Wie immer hülfe, über sich lachen zu können. Doch grau ist alle Theorie.
Vielleicht würde auch nur die Einsicht helfen, dass wir einem Hobby nachgehen wie tausend andere auch. Und wenn uns das nicht passt: einfach aufhören damit und nicht nur das androhen, was ohnehin niemand schreckt. Damit wäre wenigstens eins gelöst: das ewige Miesreden, das in trauter Einigkeit stets den Medien entrüstet vorgeworfen wird.
Und so geht cachecache auch dieses Wochenende cachen. Wird sich ärgern über Owner, manche Vorcacher bekritteln und selbst Fehler machen. Er wird Spaß haben, wie Tausende andre auch. Und nicht jammern ob der verlorenen Zeiten, die es niemals gegeben hat.
Und in Paraphrase eines österreichischen Journalisten: Im übrigen glaube ich, dass die Arroganz zerschlagen werden muss.