Montag, 25. Januar 2010

Großväterchen Geocaching.com

Positionsbezogenes Spielen, wie es auf Fachdeutsch heißt - da sind wir Geocacher mit dabei, wenn auch in einer dem technischen Standard hinterherhinkenden Spielform. Diese läßt sich mit wenigen Stichworten umschreiben: Verorten, Koordinaten identifizieren, hingehen, verstecken, finden. Einwegkommunikation eben, der Spieler als Konsument aber auch als Erfinder von Content, für den er als Premium member selbst bezahlt. Die gebräuchlichen Erklärungsversuche, Geocaching sei eine Hightech-Schnitzeljagd, betonen die Modernität, übersehen aber meist, dass Geocachen eines von oft viel moderneren Spielen ist, welche man unter dem Oberbegriff location based games zusammenfasst:
Ortsbezogene Spiele nutzen die durch Lokalisierungstechnologien wie GPS aufgezeichnete Fortbewegung der Spieler als zentrale Form der Interaktion mit der auf mobilen Endgeräten implementierten Spiellogik.
Nicht jede/r Spieler/in mit GPS-fähigem Mobiltelefon muss sich also aufs Geocachen beschränken. Denn Plattformen wie gowalla ("Everywhere you go"), foursquare ("Unlock your city"), brightkite ("The simple way to keep up with friends and places"), loopt ("Discover the world around you") oder sociallight ("Build the living map") drängen immer stärker auf de Markt. Sie sind im Gegensatz zum Geocachen in höchstem Maße interaktiv, koppeln Spieler und Spielort via Mobiltelefon aneinander und lassen Erweiterungen durch weitere Spielelemente zu. Erst die in den letzten fünf Jahren Durchdringung des Marktes mit GPS fähigen Handhelds wie iPhone, Android oder Blackberry machten das mobile Spielen möglich. Die Zeiten seit Dave Ulmers erstem Cache vor 10 Jahren haben sich grundlegend gewandelt. Das GPS wird tendenziell durch Mobiltelefone abgelöst und im Web blieb kein Stein auf dem Anderen. Die von den Reviewern ausgepriesenen Updates bleiben seit Jahren im Kosmetischen stecken.

Neue mobile Spiele machen sichtbar, wie veraltet die Geocaching Plattform und ihr Angebot wirklich ist. Zwar wird Paperless Cachen immer mehr zum Standard, das Angebot selbst zeichnet sich aber durch nicht mehr als einseitiges Auslesen von statischen Daten aus. Allein Wherigo ist ein in Europa noch kaum angenommener Versuch, das Spiel mehr in Richtung Interaktivität auszuweiten.

Die Plattform GC.com selbst ist indes noch nicht einmal richtig im Web2.0 angekommen, von Web3.0 (Augmented Reality) ganz zu schweigen. Das wird vor allem bei den Stationen von Multi - Caches deutlich, bei denen dem Owner nur Bild und Text zur Verfügung stehen, er aber auf Audio, Video und interaktive Rückkoppelung mit der Plattform völlig verzichten muss. Zudem bleibt das erweiterte Umfeld der Stationen weitgehend ausgeblendet und der Informationswert der realen Umgebung ist auf ein Minimum beschränkt. Das Mobiltelefon wird als Lesegerät benutzt, mehr ist nicht zugelassen. Der von Groundspeak promotete GeomateJR ist sichtbarer Ausdruck dieser Tendenz zur Kontrolle der User, die derartige Simplifizierungsversuche eher ablehnen.

Was also könnte zukunftsträchtig sein?



Was auf einer modernen Geocaching Plattform möglich wäre, zeigt neben mscape ("Get out and explore") auch 7scenes auf. Sie versteht sich als GPS Platform für location based gaming und bei näherer Betrachtung wird deutlich, wie dicht Content mit Ort und Handheld verknüpft werden kann. Das läßt den in die Jahre gekommenen Platzhirschen Geocaching.com nicht nur äußerst ungepflegt, sondern auch ziemlich traditionell aussehen. Sein einziges Kapital scheint ohnehin nur mehr sein Cacheinventar zu sein. Sollte sich also Garmin tatsächlich mit dem Gedanken tragen, ins Geocaching Plattform Geschäft einzusteigen, wird bei einer Übernahme wohl mehr als ein rein kosmetischer Eingriff notwendig sein, um den state of the art abbilden zu können und zukunftsfähig zu sein. Zudem ist zu bezweifeln, ob den Paradigmenwechsel ein GPS Erzeuger überhaupt schaffen kann oder ob hier nicht eher die Mobiltelefonriesen gefordert sind.

"The word is a stage and you are the director", bewirbt 7scenes seine interaktive Plattform. Das dürfen die Premium Members von GC.com wohl nicht von sich behaupten. Ihr Hauptgeschäft besteht darin, der Plattform kostenlos Content zur Verfügung zu stellen, TBs einzukaufen und sonst brav stillzuhalten. Beteiligung ist mehr als ungeliebt. Inzwischen geht der Trend weiter in Richtung Verknüfung von VR, Realität und Interaktivität - wohl an Groundspeak vorbei. RUHE SANFT!
Imagine your scenario, how would you like the city to be experienced? These scenarios are created by linking locations to content - photos, videos, sounds and notes -, adding challenges and choosing from a range of (game) rules, together shaping what we call a scene. A location-based experience that lets people see their surroundings from a new point-of-view using their mobile phone.

Trackback URL:
https://cachecache.twoday.net/stories/positionsbezogenes-spielen/modTrackback

Chris Race (Gast) - 25. Jan, 19:56

Vollste Zustimmung

Zwar haben mich die anderen GPS-basierten Spielarten bislang noch nicht gereizt (zugegeben: die wenigsten der oben genannten kannte ich bislang überhaupt), aber in einem Punkt muss ich dem Verfasser uneingeschränkt recht geben: Die Updates bei GC.com sind, wenn überhaupt, tatsächlich nur kosmetischer Natur! Egal, welchen webbasierten Dienst man sich heutzutage anschaut, GC.com ist im Vergleich dazu nicht nur alt, sondern sehr, sehr alt! Am meisten rege ich über die absolut nicht mehr zeitgemäße Fummelei bei den Log-Smilies (nun gut, man braucht sie eigentlich nicht wirklich, aber wenn man sie schon anbietet, dann sollte das nicht über Copy&Paste geregelt sein...) und die fehlende Implementierung eines gescheiten WYSIWYG-Editor für das Erstellen der Cachelistings auf. Das größte (einzige?) Kapital, was Groundspeak derzeit (noch) hat, ist die Datenbank mit den ganzen Caches der User, nicht mehr. Auf den (geldbringenden) Firlefanz mit GCs und TBs könnte ich gerne verzichten.

Bin mal gespannt, wie lange das noch ausreichen wird, um die aktuelle Position am Markt zu halten. Denn wie heißt es so schön: Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit ...

Schrottie (Gast) - 25. Jan, 19:56

"der Spieler als Konsument aber auch als Erfinder von Content, für den er als Premium member selbst bezahlt."

Mein Reden, aber pass bloß auf, das das jetzt nicht die Falschen lesen, sonst gibt das wieder böse Grundsatzdiskussionen. 8-)

moncay - 25. Jan, 20:12

Böse Grundsatzdiskussionen

sind immerhin auch Grundsatzdiskussionen. Und die fehlen doch, oder? ,-)

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Geocache.at: Das Blog von aj-gps.net.

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Geolex: Geocaching Lexikon in Englisch.

Garmin Österreich: Der Firmenauftritt.

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