Wieder zwei dieser location based games, die wie Schwammerl aus dem Boden schießen: eines für den Sadisten, das andere für den Konsumidioten. Am Schluß: die Moral von der Geschichte.
Erstmal eine Art gemeinsames Fangerlspielen per GPS für die Spannkräftigen unter uns. Die Nachricht hat uns der Geocachefreak zugezwitschert. Will man sich diesbezüglich gerne weiteren Perversitäten hingeben, sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt. Als überlegenswerte Variante für den/die BDSM - Geocacher/in böte sich auch die Hasenjagd auf den Reviewer oder den stolzen Besitzer eines frisch erworbenen FTF an. Auch Kurzlogger, Newbies oder Geocoindiebe können derart ins Abseits gehetzt werden.
Zweitens: Cachecache hat auch etwas für jene SchatzsucherInnen, die weniger auf Statistiken oder gar ideelle Werte setzen, sondern auf die Ware versessen sind. Das Ding heißt dreamwalk und ist beinhart, unverblümt und kein ein Traum! Werbung ist alles, ihr Zimperlichen! Der Bote dieser etwas kommerziellen Nachricht, lachwurzn (sic!), befürchtet allerdings Reaktionen von seiten unseres Platzhirschen. Gottseidank gibts die Anwendung derzeit nur fürs iphone.
Moral: Bei solchen Nachrichten regt sich in mir der Wertkonservative. Ich druck mir also jetzt ne Cachebeschreibung plus Plan aus und versuch meinen Schatz ohne GPSr zu finden. In aller Ruhe natürlich, weils Freizeit ist. Ein Gasthaus mit frischgezapftem Bier findet sich von alleine und ohne App.
Hier ein Interview mit dem Co - Founder von foursquare, Denis Crowley (E), der dies nicht so sehr als Geogame betrachtet als vielmehr als ein neues Service, um Städte zu erkunden. Das Video ist übrigens Teil einer Videoreihe auf fora.tv unter dem Titel "digital. life. design 2010". Wer gerne digitale Trends verfolgt, ist mit dieser Serie gut bedient. In diesem Spot lernen wir neue Zauberwörter kennen: "check in" und "unlock".
Positionsbezogenes Spielen, wie es auf Fachdeutsch heißt - da sind wir Geocacher mit dabei, wenn auch in einer dem technischen Standard hinterherhinkenden Spielform. Diese läßt sich mit wenigen Stichworten umschreiben: Verorten, Koordinaten identifizieren, hingehen, verstecken, finden. Einwegkommunikation eben, der Spieler als Konsument aber auch als Erfinder von Content, für den er als Premium member selbst bezahlt. Die gebräuchlichen Erklärungsversuche, Geocaching sei eine Hightech-Schnitzeljagd, betonen die Modernität, übersehen aber meist, dass Geocachen eines von oft viel moderneren Spielen ist, welche man unter dem Oberbegriff location based games zusammenfasst:
Ortsbezogene Spiele nutzen die durch Lokalisierungstechnologien wie GPS aufgezeichnete Fortbewegung der Spieler als zentrale Form der Interaktion mit der auf mobilen Endgeräten implementierten Spiellogik.
Nicht jede/r Spieler/in mit GPS-fähigem Mobiltelefon muss sich also aufs Geocachen beschränken. Denn Plattformen wie gowalla ("Everywhere you go"), foursquare ("Unlock your city"), brightkite ("The simple way to keep up with friends and places"), loopt ("Discover the world around you") oder sociallight ("Build the living map") drängen immer stärker auf de Markt. Sie sind im Gegensatz zum Geocachen in höchstem Maße interaktiv, koppeln Spieler und Spielort via Mobiltelefon aneinander und lassen Erweiterungen durch weitere Spielelemente zu. Erst die in den letzten fünf Jahren Durchdringung des Marktes mit GPS fähigen Handhelds wie iPhone, Android oder Blackberry machten das mobile Spielen möglich. Die Zeiten seit Dave Ulmers erstem Cache vor 10 Jahren haben sich grundlegend gewandelt. Das GPS wird tendenziell durch Mobiltelefone abgelöst und im Web blieb kein Stein auf dem Anderen. Die von den Reviewern ausgepriesenen Updates bleiben seit Jahren im Kosmetischen stecken.
Neue mobile Spiele machen sichtbar, wie veraltet die Geocaching Plattform und ihr Angebot wirklich ist. Zwar wird Paperless Cachen immer mehr zum Standard, das Angebot selbst zeichnet sich aber durch nicht mehr als einseitiges Auslesen von statischen Daten aus. Allein Wherigo ist ein in Europa noch kaum angenommener Versuch, das Spiel mehr in Richtung Interaktivität auszuweiten.
Die Plattform GC.com selbst ist indes noch nicht einmal richtig im Web2.0 angekommen, von Web3.0 (Augmented Reality) ganz zu schweigen. Das wird vor allem bei den Stationen von Multi - Caches deutlich, bei denen dem Owner nur Bild und Text zur Verfügung stehen, er aber auf Audio, Video und interaktive Rückkoppelung mit der Plattform völlig verzichten muss. Zudem bleibt das erweiterte Umfeld der Stationen weitgehend ausgeblendet und der Informationswert der realen Umgebung ist auf ein Minimum beschränkt. Das Mobiltelefon wird als Lesegerät benutzt, mehr ist nicht zugelassen. Der von Groundspeak promotete GeomateJR ist sichtbarer Ausdruck dieser Tendenz zur Kontrolle der User, die derartige Simplifizierungsversuche eher ablehnen.
Was also könnte zukunftsträchtig sein?
Was auf einer modernen Geocaching Plattform möglich wäre, zeigt neben mscape ("Get out and explore") auch 7scenes auf. Sie versteht sich als GPS Platform für location based gaming und bei näherer Betrachtung wird deutlich, wie dicht Content mit Ort und Handheld verknüpft werden kann. Das läßt den in die Jahre gekommenen Platzhirschen Geocaching.com nicht nur äußerst ungepflegt, sondern auch ziemlich traditionell aussehen. Sein einziges Kapital scheint ohnehin nur mehr sein Cacheinventar zu sein. Sollte sich also Garmin tatsächlich mit dem Gedanken tragen, ins Geocaching Plattform Geschäft einzusteigen, wird bei einer Übernahme wohl mehr als ein rein kosmetischer Eingriff notwendig sein, um den state of the art abbilden zu können und zukunftsfähig zu sein. Zudem ist zu bezweifeln, ob den Paradigmenwechsel ein GPS Erzeuger überhaupt schaffen kann oder ob hier nicht eher die Mobiltelefonriesen gefordert sind.
"The word is a stage and you are the director", bewirbt 7scenes seine interaktive Plattform. Das dürfen die Premium Members von GC.com wohl nicht von sich behaupten. Ihr Hauptgeschäft besteht darin, der Plattform kostenlos Content zur Verfügung zu stellen, TBs einzukaufen und sonst brav stillzuhalten. Beteiligung ist mehr als ungeliebt. Inzwischen geht der Trend weiter in Richtung Verknüfung von VR, Realität und Interaktivität - wohl an Groundspeak vorbei. RUHE SANFT!
Imagine your scenario, how would you like the city to be experienced? These scenarios are created by linking locations to content - photos, videos, sounds and notes -, adding challenges and choosing from a range of (game) rules, together shaping what we call a scene. A location-based experience that lets people see their surroundings from a new point-of-view using their mobile phone.