Die Mimosencacher als Kritiker
Es rauscht im Blätterwald: so hätte man/frau es im Zeitalter der Printmedien genannt. Jetzt summt es wohl auf den Blogs der Geocacher wie in einem Blumenstock. Eigentlich hat das, was gerade von vermeintlichen KritikerInnen produziert wird, Ähnlichkeit mit dem Hornberger Schießen. Much Adoo About Nothing!
Eine Firma hat in Kooperation mit einer Umweltschutzorganisation seine corporate social responsibility (CSR) wahrgenommen und Richtlinien für umweltverträgliches Geocaching entwickelt. Zur Erinnerung die Definition der Europäischen Kommission, die CSR so beschreibt:
Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren.
Darum geht es also. Nein, die Richtlinien sind nichts Neues, sie sind bloß notwendig, bei der steigenden Zahl der Geocacher und der Diversifizierund des Hobbies. Und sie werden von einem Unternehmen unmißverständlich geäußert. Als Unternehmen und nicht als pädagogische Institution, wie manche beleidigt meinen.
Da hat nun Garmin auf die Notwendigkeit des Umweltschutzes beim Geocachen aufmerksam gemacht und schon zucken sie aus, die Reviewer und Edelcacher, die Abenteurer und Kleingeister, die Technofraks und Naturbegeisterten, welche sich in ihren bürgerlichen Grundrechten eingeschränkt sehen. Die sind ihnen zwar schon längst durch elektronische Überwachung, Vorratsdatenspeicherung und freiwillige Selbstaufgabe ihrer Personen- und Geodaten abhanden gekommen, aber seis drum. Führen wir das Scheingefecht, vielleicht nutzt es dem Image. Regeln, die vermeintliche individuelle Freiheiten beschränken: Pfuiiiiiii! Freie Fahrt für freie Bürger heisst das Motto der Unbelehrbaren und schwingt tendenziell bei vielen in der Community mit. Freiheit als jene der Narren vor ihrem König.
1. Missverständnis: Geocacher sind per se umweltschonend, wenn sie gesetzliche Bestimmungen einhalten. Wollen wir nicht von Powercachern reden, die mit ihren eigenartigen Cachemobils nach den Mountainbikern zur neuen Naturplage geworden sind; wollen wir nicht vom wildverschreckenden Nachtcachen reden und von den abgegrasten Waldböden, beschädigten Baumrinden und zertretenen Jungwäldern; wollen wir auch nicht von dem Plastikschrott archivierter Dosen reden, der die Landschaft und Tiermägen versaut. Reden wir doch einfach von einem sich rasch ausbreitenden Hobby, das eine knappe Ressource, nämlich die der Natur, in immer stärkerem Maße in Anspruch nimmt. Reden wir vom Plastikplaneten und von der Ideologie des CITO, einem Umweltkonzept aus dem Jahre Schnee gerade wenn man an die nicht gerade umweltverbessernden Megaevents denkt.
2. Missverständnis: Die Freiheit des Geocachers. Wer sich gerne und freiwillig den oft absurden Spielregeln von Geocaching Plattformen unterwirft, wer als Reviewer eines Unternehmens glaubt, auf die Einhaltung von Regeln (auch autoritär) pochen zu müssen, wer sogar die Sicherheitslücken einer veralteten Plattform in Kauf nimmt, der fühlt sich von Umweltregeln belästigt? Kann man/frau bitte zu einer realistischen Einschätzung seiner Freiheitsspielräume kommen? Und vielleicht auch neben den strengen Spielregeln des Geocachens jene eines vernünftigen und nachhaltigen Naturschutzes berücksichtigen? Und darf man das auch formulieren, aussprechen und einhalten, ohne dabei gleich als Totengräber der Freiheit zu gelten? Muss man sich warm anziehen, wenn man die Freizeitgötter und selbsternannten Türhüter hinterfragt?
3. Missverständnis: Der Geocacher als Kapitalismuskritiker. Wildgeworden schwingen sich manche zur Verteidigung der Bobokultur auf und brüten über Verschwörungstheorien. Die Umweltinitiative sei Vorhut der Fusion von Garmin und GC.com und bedroht doch nur den eigenen Schrebergarten. Umweltschutz sei Vorwand bei der Übernahme der Weltherrschaft durch die zwei Platzhirschen. Demokratische Grundrechte seien in Frage gestellt. Kann man/frau bitte, wenn man sich schon politisch engagieren will, auf die wesentlichen Dinge konzentrieren und das Genörgle mit pseudophilosophischer Untermauerung und hahnebüchener Argumentation unterlassen? Einerseits wird den Unternehmen pauschal unterstellt, sie kämen im Raubkapitalismus ihrer sozialen Verantwortung nicht nach und schlimmer: sie verbrauchen des schnöden Gewinns wegen die Ressourcen unserer Welt. Nehmen sie ihre soziale Vreantwortung wahr, unterstellt man ihnen Öltankerhavarie. Sprache ist ein Hund und Ideologiekritik sowieso.
4. Missverständnis: Geocacher sind etwas Besonderes. Sind sie nicht: sie sind ein Auschnitt unserer Gesellschaft und dabei auch ihr Spiegel- und Zerrbild. Also lassen wir ab von den moralinsauren Emphasen, die doch nichts anderes sind als provinzielles Bestemm. Wer legitimiert hier wen? Der Geocacher den Naturschutz oder Naturschutznotwendigkeiten den Geocacher? Wir treiben ein Hobby wie viele andere, nur greift unseres direkt in unsere Umwelt ein. Würde jeder seine soziale Verantwortung wahrnehmen, sähe diese Welt ein wenig anders aus. Die Gefahr der Überschätzung des Individuums und seiner Potentiale ist bekannt. Individualismus ist Behauptung, aber nicht Wahrheit. Also sein wir froh, wenn auf den Umweltschutz hingewiesen wird und wenn es Regeln gibt, die die Ignoranz im Zaum hält. Und verstehen wir bitte, dass Unternehmen Organisationen sind mit Regeln, die sich von jenen eines Kleincachervereins unterscheiden. Sein wir keine Mimosen, wenn wir sie schon zertreten.
Ebenfalls Amen!
Jetzt ist das Gejammere der Egoisten, die das Hobby vor den Naturschutz- und sonstigen Interessen stellen, natürlich groß, wenn eine Firma es doch wagt, die Probleme anzusprechen - wie es der Spiegel schon unlängst ebenfalls getan hat.
5. Missverständnis:
Das heutige Hauptgeschäftsfeld der Firma Garmin ist die Bestückung von "Cache-Mobilen" aller Art mit Strassen-Navigationsgeräten und der Vertrieb von tragbaren GPSr. Zweitere Gerätegattung boomt erst seit das Geocaching bekannter wurde. Garmin ist eine der tragenden Figuren der endgültigen Kommerzialisierung und Mutation des Geocaching zu einem "Breitensport".
Hier sehe ich ein erhebliches Konfliktpotenzial. Denn ein stagnieren oder sogar verringern des ausüben von Geocaching kann nicht im Sinne von Garmin sein. Umgekehrt verträgt sich Geocaching als "Breitensport" nicht oder nur schwerlich mit der Natur. Wie bei vielem ist auch hier die Menge entscheidend. Auch Speise-Salz in ausreichender Menge wirkt toxisch. Ein Sinneswandel kann ich bei Garmin aber nicht wirklich erkennen, der 2. Megaevent auf der Zeche Zollverein mit dieser Firma als Hauptsponsor ist schon geplant.
(Quelle: http://gps-festival.de/)
Es gibt nicht "den" Geocacher das ist vollkommen richtig. Geocaching ist, zum Glück, weder eine Weltanschauung noch eine Religion. Es ist ein Hobby das einem die Natur näher bringen kann / sollte. Das einige Menschen einen umweltschädlichen Leistungssport daraus machen ist eine andere Sache.
Für mich liest sich dieser Blog trotz aller Umstände leider genauso wie die Aussagen von einigen wenigen verbissenen Umweltaktivisten sowie den ebenso wenigen unverbesserlichen bzw. rücksichtslosen Geocachern. Es ist ein roter Faden der Wahrheit in diesem Blog aber es wird stellenweise IMHO maßlos übertrieben nach dem Motto "Der Geocacher ein Umweltterrorist". Der Spiegel war hier in seinem Bericht wesentlich neutraler und in meinen Augen glaubwürdiger. Schade.
Ja, ich sehe mich in meinen bürgerlichen Grundrechten eingeschränkt. Deswegen gehöre ich zu den 34.939 Antragstellerinnen und Antragstellern der Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz zur Einführung der Vorratsdatenspeicherung.
Gruß Sven
So viele Missverständnisse
6. Missverständnis: Garmin sei eine neue Umweltorganisation. Ist sie nicht. Die Firma expandiert, ist Profitmaximierungslogiken ausgesetzt, expandiert aggressiv. CSR ist keine Weltrettungsphilosophie, sondern auch eine Marketingstrategie. Kritik ist berechtigt und man soll sie auch laut äußern. Aber bitte nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Wenn strategische Partnerschaften mit Umweltorganisationen bestehen, sollte man sie nicht von vornherein verdammen. Wenn Umweltorganisationen strategische Partnerschaften mit Firmen eingehen, sollte man ihnen nicht von vornherein Verrat und Einmischung unterstellen. Und wenn bürgerliche Grundrechte beschnitten werden, soll man sich dagegen auflehnen: aber am richtigen Ort und mir richtigen Mitteln und sein Phillistertum zu Hause lassen..
PS: cachecache ist Göttinnenseidank nicht der Spiegel und fühlt sich der Provokation verpflichtet. cachecache bedient sich der Übertreibung, um Widersprüche herauszuarbeiten. Hier passiert Satire, mit dem Anspruch, zur Wahrheit beizutragen. cachecache ist kein Vereinsblog, genausowenig wie Cacher Umweltterroristen sind.
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